Das Konzept der Salutogenese wurde von dem Medizinsoziologen Aaron Antonovsky (1923-1994) in den 1970er Jahren entwickelt. Es steht im Grunde genommen mit seinen Grundannahmen in der Tradition der an der Ganzheit orientierten Humanistischen Psychologie, stammt jedoch, und das ist ewas besonderes, aus einem Kontext westlicher Schulmedizin. Das von Antonovsky (1993, 1997) geprägte Wort „Salutogenese“ bedeutet soviel wie „Gesundheitsentstehung“ (salus = Unverletztheit, Heil; Genese = Entstehung).
Die grundlegende Frage der Salutogenese lautet nicht, wie beim Ansatz der Pathogenese, „Was macht Menschen krank?“ (pathos = Leiden), sondern entgegen gesetzt, „Was macht und erhält Menschen gesund?“. Anders als die pathogenetische Sichtweise, die Gesundheit als einen natürlicherweise vorhandenen Gleichgewichtszustand ansieht, der sich im Prinzip ohne weiteres Zutun von selbst erhält, versteht die salutogenetische Konzeption Gesundheit als einen Prozess, als ein labiles und sich dynamisch regulierendes Geschehen (in Anlehnung an die Systemtheorie). Der immer wiederkehrende Verlust von Gesundheit wird als ganz natürlich verstanden. Sie muss permanent wieder aufgebaut und aktiv erhalten werden.
Gesundheit und Krankheit werden nicht als zwei einander ausschließende Zustände, von denen der Mensch immer entweder den einen oder den anderen einnimmt, verstanden. Vielmehr markieren sie die Pole eines Kontinuums, zwischen denen man sich stets bewegt. Der Mensch ist demnach zu jedem Zeitpunkt nicht entweder gesund oder krank, sondern mehr oder weniger gesund bzw. krank.
Die Krankheitslehre der westlichen Medizin beruht auf einem naturwissenschaftlichen, mechanistischen Menschenbild. Liegt an irgendeiner Stelle ein Defekt, ein Mangel vor, wird dieser auf der Basis vor allem der physiologischen Abläufe isoliert betrachtet und abzustellen versucht. Dies geschieht über die Beseitigung der krank machenden Faktoren, die primär innerlich (z. B. Bakterien, Stoffwechselstörungen) oder äußerlich (z. B. negative Stressoren, Risikofaktoren) zu suchen sein können. Anders die Sicht des salutogenetischen Konzeptes: Der als System funktionierende Mensch kann seine Ordnung nicht mehr aufrecht erhalten. Neben die Bekämpfung der krank machenden Faktoren muss daher die Stärkung der Ressourcen des Organismus treten, die ihm helfen, mit den schwächenden Einflüssen fertig zu werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das salutogenetische Konzept als ergänzendes Modell zur Schulmedizin verstanden wird und sein zentrales Anliegen darin besteht zu erforschen, wie Gesundheit hergestellt, erhalten und gefördert werden kann.