Empathie oder auch Einfühlungsvermögen ist die Fähigkeit, die Gefühle und Gedanken anderer Menschen wahrzunehmen und mit ihnen emotional mitschwingen zu können. Ebenso wie bei der Sprache ist die Möglichkeit, Empathie zu entwickeln, angeboren, sie muss jedoch gelernt werden. Empathiefähigkeit wird erlernt, indem das Kind über längere Zeit Austausch mit empathischen Menschen hat, die es spiegeln, d. h. seine Befindlichkeiten und Bedürfnisse wahrnehmen und angemessen darauf reagieren. „Das Kind spiegelt sich in die Welt“, sagt Joachim Bauer (2006), und beschreibt damit das unmittelbar nach der Geburt einsetzende permanente wechselseitige Aufnehmen und spiegelnde Zurückgeben von Signalen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen.
Empathiefähigkeit ist notwendig, um dem Kind helfen zu können, es begleiten zu können auf seinem Weg, sie ist das wichtigste „Werkzeug“ des Therapeuten. Sich in das Kind und seine Realität einfühlen zu können, es spiegeln zu können in seinen Nöten, aber auch in seinen Bedürfnissen und seinen Erfolgserlebnissen, ist das Wichtigste, das der Therapeut leisten können muss. Dies kann umso besser gelingen, je größer die Bandbreite der Erfahrungen des Therapeuten ist, weil diese eigenen Erfahrungen es erst ermöglichen, den anderen verstehen und sich in seine Wirklichkeit hinein versetzen zu können. Diese Empathiefähigkeit ist die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen einer zwischenmenschlichen Beziehung (Belege dafür liefert die neuere Hirnforschung, vgl. z. B. Joachim Bauer 2006). Die Beziehung zwischen Therapeut und Klient wiederum ist der bedeutendste Wirkfaktor in der Psychotherapie (Studien zu dieser Frage wurden z. B. von Klaus Grawe 2004, Grawe & Grawe-Gerber 1999, Bruce Wampold 2001, Hubble, Duncan u. Miller 1999 sowie Michael Lambert 1992 durchgeführt). Dieses ist genauso für die Lerntherapie anzunehmen, auch wenn sie keine Psychotherapie im engeren Sinne ist, da es bei beiden im Wesentlichen um die Begleitung eines Menschen geht.